Kingswood Heights

von Felix

Der Freitag begann gut: die Dusche im Isaac’s spendierte zum Abschied heißes Wasser. Das dürftige Frühstück sparten wir uns im Bewusstsein, dass wir gewiss nichts verpassen würden, und vollbrachten das Kunststück all unsere Habseligkeiten in einen kleinen Locker zu stopfen bevor wir das Hostel gen ITT verließen.

Dort erwarteten uns Tara vom International Office und ihre Kollegen (natürlich mit der gebührlichen Verspätung) und erklärten uns, wie wir uns für Module registrieren können und was wir zu beachten haben. Leider weiß ich immer noch nicht, ob ich studieren kann, was ich hier studieren möchte. Ich hoffe, dass sich das im Laufe der nächsten Woche klärt. Außerdem wurde uns dargelegt, wie das Erasmus Learning Agreement auszufüllen ist („you are yourself“) und viel Zeit vertrödelt. Nicht umsonst lautet ein irisches Sprichwort „When god made time, he made plenty of it“.

Als Tom, die beiden Chris und ich die Regenpause nutzten um schnackenderweise über den Campus zu spazieren, trafen wir auf drei ITT-Studentinnen dunkler Hautfarbe, von denen eine mich ansprach: „nice shoes“. Sonst nichts, das war alles. Ja, ihrer Meinung bin ich grundsätzlich auch, aber wie kommt man denn darauf einem vollkommen Fremden im Vorbeigehen auf seine Schuhe anzusprechen? Es war etwas strange, aber es bescherte uns ein Gesprächsthema mehr und einen weiteren Grund zum Lachen.

Nach den Erfahrungen vom Donnerstag kauften wir uns nur Pommes Frites in der Mensa. Da kann man wenigstens nichts mit falsch machen. Wir hatten jeder einen 8€-Gutschein, aber für 8€ will man dort nun wirklich nicht essen. Perfide!
Beim Essen erfuhren wir, dass Lenka fast nur rosa Kleidung im Gepäck hat, Chris pink trägt, weil er sich seiner Männlichkeit sehr bewusst ist, Tom das schwuler findet, als nur pink zu tragen und weder Radka, noch Lenka die Muppet Show kennen (selbst das von Chris und mir intonierte Manamana war ihnen nicht geläufig). Aber vielleicht war das auch besser so…

Am Nachmittag gingen wir dann mit allen Erasmus-Studenten Bowling spielen. Mein Team bestand nur aus Deutschen und Franzosen und wir waren alle ziemlich schlecht. Auch Franck, der die ganze Zeit von positiver Energie faselte. Es hat ihm nichts geholfen. Das minderte den Spaß aber keinesfalls.
Im Anschluss gingen wir mit Radka, Lenka, Simone und der bewährten Truppe in die schicke Metro-Bar, die sich direkt neben dem ITT befindet, um dort den Durst mit einem Pint Guinness zu löschen. Tom nahm ein halbfertiges Guinness von der Theke mit, was ihm dann auch sichtlich peinlich war („I feel like such a tourist now“). Als Radka sich beschwerte, dass wir immer über Dinge redeten, bei denen sie nicht mitreden kann (Muppet Show und so), bezog er sie gütig ein. Er fragte sie, was man sich in Tschechien unbedingt ansehen sollte, was dort besonders ist. Die Antwort fiel unerwartet aus: Radka sprach über ein paar Dinge, die ich hier nicht wiedergeben möchte und „chicks“.
„I guess that’s why it’s called the Chick Republic“, entgegnete Tom und schallendes Gelächter füllte den Raum. Die Runde löste sich dann langsam auf, doch Chris und ich konnten uns noch nicht auf den Weg zum Hostel machen, denn wir hatten noch einen Besichtigungstermin.

Die Zeit bis dahin schlugen wir mit dem anderen Chris im Einkaufszentrum „The Square“ tot, wo wir uns Baguette und Streichkäse kauften und dann – nachdem wir vor dem Regenschauer unter einen Fahrradständer geflüchtet waren – draußen zu uns nahmen. Das muss von weitem ganz schön arm und traurig ausgesehen haben.
Das zu besichtigende Zimmer ist in einem kleinen Haus in Kingswood Heights, welches wir nach langem Suchen (es gibt kaum Straßenschilder) mit leichter Verspätung gegen zehn nach sieben betraten. Wir wurden dort sehr freundlich von Peter, einem freundlichen Iren, begrüßt, der uns herumführte. Wenige Minuten später stand fest, dass Chris am Samstag in das Zimmer (hell, 140-Bett, Wandschrank, Nachttisch) einziehen würde. Außer ihm wohnen dort die irischen Geschwister Miriam, Peter und Eddie, sowie Marinke aus den Niederlanden. Endlich ein Erfolg!

Aber bevor wir den Umzug von Chris am Samstag machen konnten, stand noch ein weiterer an: wir mussten vom Isaac’s Hostel rüber ins Jacob’s Inn. Letzteres ist eine ganze Ecke luxuriöser (und auch teurer). Wir hatten einen Fernseher auf dem Zimmer (wozu auch immer man den braucht) und ein eigenes Bad. Sehr schnieke. Im vierten Stock, wo wir untergebracht wurden, gibt es eine Terrasse von der man einen netten Blick über die Dächer hat. Wir setzten uns dort hin und klappten die Laptops auf. Ungestört arbeiten konnten wir dort jedoch nicht so richtig, da eine Gruppe von pubertierenden Mädchen einen Geburtstag feierte und zu diesem Anlass ein Trinkspiel spielte, dessen Regeln sich mir nicht ganz erschlossen. Auf jeden Fall fielen ständig anzügliche Wörter und alle kicherten und gackerten.
Auf der Terrasse trafen wir dann auch Edgar, einen Italiener der sich mit uns und einer Schweizerin das Zimmer teilte. Er weilte für Vorstellungsgespräche in Irland, was ihn aber nicht davon abhielt kräftig einen am Vorabend zu heben. Zumindest erzählte uns das seine Fahne.

Der Samstag stand ganz unter dem Motto Umzug. Nach dem Frühstück im Jacob’s, dass leider nicht luxuriöser war packten wir Chris‘ Krams zusammen und setzten uns in die Straßenbahn um nach Kingswood zu fahren. Dort nahm uns die super-nette Miriam in Empfang, die Chris das Zimmer vermietet. Sie eröffnete uns, dass noch ein zweites, kleineres, etwas günstigeres Zimmer frei steht und ich mir das gerne anschauen könne. Dieses Angebot nahm ich natürlich danken an. Nein, viel mehr: ich sagte zu, dass auch ich einziehen würde. Am Nachmittag.
Gesagt, getan. Also noch ein mal zurück in die Stadt, alles zusammengepackt und wieder raus nach Kingswood. Dort losgestiefelt, Bettlaken, Bettwäsche, Decke und Kissen gekauft und wieder zum Haus um dort endlich die Koffer auszupacken. Wurde auch Zeit. Nun wohne ich in einem hellen Zimmer, das ich mir mit einem kleinen Kleiderschrank, einem Nachttisch und einem 190×90-Bett teile. Viel mehr passt auch nicht rein.

Zwischendurch haben wir uns in Dublin irische Prepaid-Karten von Meteor gekauft und mein Mobiltelefon von einem etwas dubiosen, nigerianischen Ehepaar (Esther & Dan, Moore Street Mall, Dublin 1) für 15 Euro entsperren lassen. T-Mobile ist in Irland schließlich nicht vertreten. Ich bin nun über +353 85 77 91914 telefonisch erreichbar und kann endlich verhältnismäßig günstig telefonieren.

Meine neue, wohlklingende Adresse lautet:
1 The Garth
Kingswood Heights
Tallaght
Dublin 24

Hier einige hochauflösende Photos, die ich am Samstag in Kingswood Heights gemacht habe

3 Kommentare zu „Kingswood Heights“

  1. Heike schrieb am 16. September 2008 um 00:06:

    hallo Felix – habe deine Einträge mit viel Spaß gelesen!Herzliche Grüße ! Heike

  2. Marion Franz schrieb am 20. September 2008 um 19:05:

    hallo Felix! Habe sehr gelacht beim Lesen deiner Einträge.
    Weiter viel Spaß!Liebe Grüße!Malo

  3. Diskurswelt.de Archiv » Moved again schrieb am 24. Oktober 2008 um 00:23:

    […] days. That’s approximately the time I’ve spent in my tiny bedroom – more than enough. Wednesday evening I moved into a double bedroom on the other side of our house. […]

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